In den besten Jahren by Simone de Beauvoir

In den besten Jahren by Simone de Beauvoir

Autor:Simone de Beauvoir [Beauvoir, Simone de]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783644031319
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2015-04-24T16:00:00+00:00


Lionel de Roulet war von Le Havre nach Paris gezogen; aber er war seit einem Jahr krank. Eine Nierentuberkulose hatte ihn gezwungen, sein Studium zu unterbrechen. Monatelang hatte er in der Klinik von Saint-Cloud gelegen, wo ich meine Lungengeschichte ausgeheilt hatte. Dann war er wieder in die kleine Wohnung in der Rue Broca gezogen. Er hatte eine beschwerliche Behandlung und eine sehr schmerzhafte Operation durchgemacht. Vorübergehend schien das Übel beseitigt; dann kam es wieder. Er nahm diese Unsicherheit und diese oft grausamen Schmerzen stoisch hin. Er hatte eine Abhandlung begonnen, in der er seine Reaktionen auf die Krankheit untersuchte. Seine Erfahrung bestärkte Sartres Ideen. Wenn die Qualen am brennendsten waren, entdeckte er eine Art Leere, die es ihm unmöglich machte, sie einzukreisen, sie in den Griff zu bekommen. Er betrieb alles, was er tat, mit Leidenschaft, und diese Arbeit half ihm, seinen Zustand zu ertragen. Aber gegen Ende des Monats erlitt er einen Rückfall: Man stellte Knochentuberkulose fest, und die Ärzte schickten ihn nach Berck. Vor Schulbeginn, Ende September, fuhren wir auf zwei Tage zu ihm. Trotz allem, was ich über Berck gelesen hatte, schien der Ort noch düsterer, als ich ihn mir vorgestellt hatte. Es blies ein heftiger Wind, unbarmherzig und eisig, Himmel und Meer waren asphaltfarben. Die Klinik war ungewöhnlich – so gut wie keine Möbel in den Krankenzimmern, kein Tisch im Speiseraum, wo Schwestern die Krankenwagen zu festgesetzter Zeit in Reih und Glied aufstellten. Lionel machte jedoch keinen niedergeschlagenen Eindruck. Er interessierte sich für seine Umwelt, sie amüsierte ihn beinah, und dieser Neugierde verdankte er eine Art Distanz. Er schilderte uns die Sitten dieser fremdartigen Welt, er erzählte uns eine Menge Anekdoten, vor allem über die Liebesbeziehungen der Kranken untereinander oder zu den Schwestern. Diese grausam realistischen Berichte und die ganze Atmosphäre von Berck gaben Sartre die Idee zu einer Episode des Sursis, die ihm die schönen Seelen besonders übel vermerkten.



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